Bericht Forum Unternehmensrecht am 29. Oktober 2019: Referentenentwurf der 10. GWB-Novelle
Wie auch bereits auf D’Kart berichtet, haben die Institute für Kartellrecht (IKartR) und für Unternehmensrecht (IUR) der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf am 29. Oktober 2019 zu einem weiteren Forum Unternehmensrecht eingeladen, um über den Referentenentwurf zur 10. GWB-Novelle zu diskutieren. Zahlreiche Anwälte, Richter, Professoren aus ganz Deutschland, aber auch Studierende und weitere Gäste folgten dieser Einladung.
Als Referenten des Abends stellten Dr. Thorsten Käseberg, Leiter des Referats Wettbewerbs- und Verbraucherpolitik, wettbewerbspolitische Grundsatzfragen im BMWi, Dr. Maja Murza, Mitarbeiterin in demselben Referat, und Dr. Tobias Brenner, Bundeskartellamt, zwischenzeitlich von dort zum BMWi abgeordnet, erstmals die neuen Regelungen des Referentenentwurfs (RefE) zur 10. GWB-Novelle vor. Bereits am 14. Oktober veröffentlichte D’Kart eine Version des Gesetzestextes. Die Vertreter des BMWi bestätigten vorweg, dass es sich bei der D’Kart-Version um den nach wie vor aktuellen Arbeitsstand handelt. Die offizielle Veröffentlichung des Entwurfs stand zum Veranstaltungszeitpunkt noch aus, wird aber für diese Woche erwartet.
Die Referenten stellten zunächst die Ziele der 10. GWB-Novelle vor, die besonders durch den Koalitionsvertrag der Bundesregierung und die Umsetzung der ECN-Plus-Richtlinie (EU-Richtlinie 1/2019) vorgegeben werden: So soll (1) die Missbrauchsaufsicht für marktmächtige (Digital-) Unternehmen verschärft, (2) die Fusionskontrolle erleichtert, (3) mehr Rechtssicherheit für (mittelständische) Unternehmen bei Kooperationen geschaffen, (4) bei den Regelungen zum Kartellschadenersatz nachjustiert und (5) die Möglichkeiten zur Verfahrensbeschleunigung geprüft werden.
Die konkrete Umsetzung dieser Ziele wurde anschließend durch die drei Hauptautoren vorgestellt und kontrovers im Publikum diskutiert.
Anlehnend an die Berichte von Heike Schweitzer, Justus Haucap, Wolfgang Kerber und Robert Welker (zur Modernisierung der Missbrauchsaufsicht für marktmächtige Unternehmen) und dem der Wettbewerbskommission 4.0 (Ein neuer Wettbewerbsrahmen für die Digitalwirtschaft) sieht der Referentenentwurf zunächst eine Reform der Missbrauchsaufsicht vor. Die Ergebnisse der Studien haben somit durchaus Eingang in den RefE gefunden (vgl. bspw. die geplanten §§ 18 Abs. 3b, 20 Abs. 1 S. 2 GWB zur Intermediationsmacht). Darüber hinaus werden die §§ 18 Abs. 3 und 19 Abs. 2 Nr. 4 GWB um Regelungen betreffend den Zugang zu Daten und Netzen ergänzt und ein neuer § 19a GWB eingeführt, der zukünftig Verhaltenspflichten für Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung regeln soll.
Des Weiteren dient die 10. GWB-Novelle zur Umsetzung der ECN-Plus-Richtlinie, sodass folgende Neuerungen aufgenommen werden: (1) Auskunftsverlangen der Wettbewerbsbehörden, (2) Fragerechte im Rahmen von Durchsuchungen, (3) Stärkung der Stellung des Bundeskartellamts im gerichtlichen Verfahren, (4) Kodifizierung des Kronzeugenprogramms, (5) Regelungen zur Bußgeldzumessung, (6) zur Bußgeldhaftung von Verbänden und (7) zur Amtshilfe bei Zustellung und Vollstreckung.
Im Hinblick auf die Fusionskontrolle werden die zweite Inlandsumsatzschwelle erhöht, die Frist im Hauptprüfverfahren verlängert und die Voraussetzungen für die Ministererlaubnis festgelegt.
Für die Anordnung von einstweiligen Maßnahmen werden die Eingriffsvoraussetzungen im GWB maßvoll abgesenkt. Hinsichtlich der Kartellbetroffenheit soll eine widerlegliche Vermutung eingefügt werden, um die Position von Kartellgeschädigten im Rahmen von Kartellschadensersatzprozessen weiter zu stärken.
Das IKartR und das IUR bedanken sich bei dem Referententrio sowie bei allen Teilnehmern.
Anna-Jacqueline Limprecht